Kommunikation im Canicross

Habt ihr euch schon einmal Gedanken über die Kommunikation mit eurem Hund gemacht? Wie läuft das bei euch ab? Gebt ihr verbale Kommandos und erwartet, dass sie befolgt werden? Seid ihr im ständigen Zwiegespräch mit eurem Hund, in der Gewissheit, dass er euch zu 100% versteht? Wie sieht es mit der Sprache in die andere Richtung aus? Könnt ihr eurem Hund „zuhören“? Wisst ihr, wann er sich unwohl fühlt, müde oder hungrig ist? Wenn ihn eine Situation überfordert oder er sich richtig pudelwohl fühlt? Für uns im Canicross ist insbesondere die Kommunikation beim Training sehr interessant.

Da unsere Hunde leider nicht tatsächlich sprechen können, hängt ihre Möglichkeit zur Kommunikation von unserer Fähigkeit zu beobachten und zu interpretieren ab. Dabei müssen wir aufpassen, unsere menschliche Körpersprache nicht einfach auf den Hund zu übertragen. Ein gutes Beispiel dafür ist das „Schwanzwedeln“: Fast jedes Kind lernt irgendwann, dass Schwanzwedeln ein Zeichen für einen freundlichen Hund ist. Mittlerweile weiß die Verhaltensbiologie es viel besser. Ein Schwanzwedeln kann sehr vieles bedeuten, vor allem aber Aufregung. Ob positive oder negative können wir anhand der Situation und der restlichen Körpersprache interpretieren. Es liegt also an uns, unsere Hunde kennenzulernen, ihre Sprache zu lernen und sie „lesen“ zu können. Möglichst neutral, wertfrei und ohne eigene Wünsche oder Vorstellungen aufzuzwingen.

Was bedeutet das jetzt für den Zughundesport? Neben den üblichen verbalen und optischen Zeichen (Sprache und Handzeichen) habe ich im Zughundesport auch noch die (gespannte) Leine als Kommunikationsmittel zur Verfügung.

Kommunikation über die Zugleine

Im Canicross wollen wir, dass der Hund alleine vorne arbeitet. Er ist ein „Single Leader“, wie die Musher sagen. Er muss uns sicher an unser Ziel bringen. Unsere Aufgabe ist, das Ganze von hinten zu steuern. Wir wählen die Richtung, der Hund findet den Weg. Wie ein General und sein Kommandant, einer gibt die Befehle und der andere sorgt dafür, dass sie ordentlich ausgeführt werden. Der Eine kann nicht ohne den Anderen. Dabei darf man nicht vergessen, dass diese Führungsarbeit für den Hund sehr anstrengende Kopfarbeit ist. Anderen Hunden oder Menschen nachzulaufen, das ist einfach (hattet ihr schonmal jemanden, der euch beim Laufen paced?). Deswegen funktioniert die Zugarbeit oft mit einem „Hasen“ vorneweg sehr gut. Ohne diesen Hasen weiß der Hund plötzlich nicht mehr weiter. Genau diese „Aufgabe“ muss er aber lernen, wenn er dauerhaft und selbstbewusst vorneweg laufen soll. Nicht jeder Hund ist hierfür geboren oder möchte diese Aufgabe auch wirklich übernehmen… aber das ist ein anderes Thema 😉

Wie kann ich meinen Hund nun von hinten unterstützen und wie kommen wir zu diesem wunderbaren Gefühl der Symbiose? Die Leine ist unser „Dosentelefon“ (Danke an Tanja Jäger für diesen sehr passenden Begriff 😉) zum Hund. Ist die Leine auf Spannung, können wir kommunizieren. Wir „spüren“ einander. Ist die Leine locker, kann ich nur noch hoffen, dass der Hund auf irgendwelche verbalen Kommandos reagiert.   

Grundregeln im Umgang mit der Zugleine

Kann der Hund noch nicht durchgehend auf Zug arbeiten, lasse ich die Leine nicht einfach durchhängen oder gar am Boden mitschleifen. Sie soll nicht ständig mitschwingen oder den Hund mit dem Karabiner auf den Hintern „schlagen“. Mit den Händen arbeite ich aktiv mit und baue über die Leine leichten Zug auf das Geschirr auf. Das kann ich zuerst im Gehen und später im Laufen machen. Hier sind sehr sensible Hände gefragt! Baue ich zu viel Zug auf, mache ich es dem Hund zu schwer, bleibt er vielleicht einfach nur stehen. Mache ich es zu schwach – kein Zug, keine Kommunikation. Wenn der Hund seine Aufgabe verstanden hat und konstanten Zug aufrecht halten kann, lasse ich die Hände von der Leine und der Zug geht direkt auf den Hüftgurt über. Jetzt können wir uns gegenseitig bei der Arbeit „spüren“ und als Team „synchronisieren“.

Die Arbeit mit der Zugleine

Dennoch ist unsere Arbeit an der Leine noch nicht vorbei. Um die Richtungskommandos zu üben, links oder rechts an einem Hindernis vorbei zu laufen oder sicher zu überholen, nehme ich die Leine wieder in die Hand. Ich kann den Hund kürzer nehmen oder ihn sogar neben mir laufen lassen und als Sicherung ins Geschirr greifen um z.B. an einem fremden Hund vorbei zu laufen. Dabei wird der Hund niemals an der Leine rückwärts zum Menschen gezogen (Mal ehrlich, das ist einfach nur gemein). Im Notfall mag es notwendig sein, im Alltag sollte der Hund aber nicht hin und her geschliffen werden. Er soll schließlich uns ziehen, und nicht umgekehrt. Muss ich also den Hund kürzer nehmen, um an einem Hindernis vorbei zu laufen, so arbeite ich mich an der Leine zum Hund nach vorne, nicht umgekehrt. Ich arbeite mich zum Hund vor, greife in das Geschirr und sichere somit meinen Hund für das Vorbeigehen. Danach lasse ich die Leine nicht einfach fallen, sondern gebe sie Stück für Stück wieder aus den Händen bis der Hund wieder an der langen Leine im Zug ist. Dieser Vorgang braucht seine Zeit, deswegen muss ich vorausschauend reagieren, aktiv mit der Leine arbeiten und den Hund rechtzeitig näher ran holen. Bei sehr zugstarken Hunden empfehle ich außerdem, mit Handschuhen zu laufen um hier guten Grip zu haben und Verletzungen zu verhindern.

Ein gelungener Start

Auch am Start habe ich die Leine zuerst in der Hand, der Hund startet auf Spannung (neben mir oder vor mir im Line-Out) und dann wird die Leine langsam verlängert. Es ist ein sehr häufiger Anfängerfehler, die Leine am Start einfach loszulassen. Dadurch macht der Hund einen Satz nach vorne und springt ins Geschirr und in den Zug. Er wird durch die Bungeeleine wieder zurück gerissen und es gibt einen sehr unangenehmen Ruck für den Hund und den Läufer. Daher soll der Hund im Zug stehend auf den Start warten und dann nahtlos in den Zug im Laufen übergehen.

Gerade am Anfang sollte die Zugleine im Canicross auch nicht zu lang sein (Keine Bike- oder Scooterleine!). Je weiter wir vom Hund weg sind, desto schlechter wird die Verbindung und desto eher hängt die Leine mal durch, wenn der Hund unkonzentriert wird.

Geht der Hund überhaupt nicht von selbst in den Zug, kann ich z.B. über das „Schüsseltraining“ versuchen ihm die Arbeit beizubringen oder mithilfe eines zweiten Hundes. Hat der Hund langfristig kein Interesse am Ziehen (oder will es der Mensch vielleicht gar nicht), würde man eher ein Führgeschirr verwenden und eine normale, möglichst leichte Leine. Ohne Zug sitzt ein Zuggeschirr nicht gut, der Hund kann rückwärts rausschlüpfen und es ist einfach nicht notwendig.

Ein paar Worte noch zur… Erwartungshaltung:

Wenn man sich ansieht, mit welchen Problemen Einsteiger am ehesten zu kämpfen haben, dann steht „Mein Hund will nicht ziehen!“ ganz oben auf der Liste. Ganz oft habe ich meinen kleinen Terrier schon gefragt: Wieso ziehst du nicht? Er hat mich zu diesem Sport gebracht aber bis heute hat er kaum Freude daran gefunden. Er würde stundenlang neben mir laufen, mich überall begleiten. Aber Ziehen? Ziehen will er mich nicht. Ich könnte über die verschiedenen Gründe spekulieren: Habe ich das Training falsch aufgebaut? Ihn überfordert? Habe ich ihm durch das viele „Obedience“ (Unterordnung) Training die Lust am Ziehen genommen? Wenn wir wandern gehen, kommt es schonmal vor, dass er eine Weile vor mir hermarschiert, die Leine fast auf Spannung. Aber aus vollem Herzen ins Geschirr arbeiten? Gibt es nicht. Ich könnte heulen und ihn anschreien und ihm drohen und was für Unarten im Hundetraining es noch gibt. Ich würde nur erreichen, dass er gar nicht mehr mit mir laufen gehen möchte! „You can’t push a rope“. Wenn der Terrier (und jeder andere Hund) nicht will, will er nicht. Und dann muss man das auch akzeptieren. Natürlich probiert man vorher verschiedene Methoden aus, um ihm das Ziehen beizubringen. Ja, viele Hunde müssen es wirklich nur lernen! Ihre Aufgabe verstehen und genug Selbstvertrauen bekommen um vorne zu arbeiten. Aber manche, manche wollen eben auch nicht. Es gibt für mich trotzdem keinen besseren Begleithund beim Laufen, als ihn.

 

Eine gemeinsame Sprache zu erlenen, ist nicht leicht. Weder für den Hund, noch für uns. Lasst euch Zeit um als Team zusammen zu wachsen. Probiert aus, was funktioniert und was noch Verbesserungspotential hat. Ich kann nur aus eigener Erfahrung sprechen: Wenn man an diesem Punkt angelangt ist, wo man sich ohne Worte versteht, wenn man weiß was der andere denkt und fühlt, wenn man als harmonisches Team einfach „funktioniert“… dann war das absolut jede Mühe wert! Die Kommunikation im Canicross ist auch ein ganz wichtiger Punkt des „Ready to Run“ Kurses: Hier geht’s lang!